Der Unterschied

Zu Beginn ein Batman-Zitat, da ich Batman schon immer klasse fand.

Er wird gefragt: „What’s the difference between you and me?“

Batman: “I’m not wearing hockey pads!”

 

Um „hockey pads“ soll’s in diesem Text nicht gehen. Aber um die Frage: „What’s the difference between you and me?“

 

Interessen: Einer der großen, auffälligen Unterschiede zwischen mir und anderen ist, dass sich andere für Dinge interessieren, die mich nicht interessieren. Sie haben ein ausgeprägtes Interesse daran, über Schicksalsschläge, Katastrophen und ähnliches zu reden. Ich besitze keinen Fernseher und höre kein Radio – das ist auch gar nicht notwendig, ich bin immer up to date, da ich berufstätig bin und die Kollegen bereits um kurz vor 6 Uhr morgens allerlei Neuigkeiten verbreiten: Ein Unfall hier, ein Toter dort, ein Anschlag in x, eine Vergewaltigung von y. Privat geht das dann weiter: Habe ich Kontakt zu meiner Mutter, bin ich immer up to date: Herr x hat das gemacht/gesagt, Frau y ist das und das zugestoßen. Oft habe ich diese Leute jahrelang nicht gesehen, weiß gar nicht, von wem die Rede ist oder kenne sie noch nicht einmal. Die Spitze dieses „updatens“ ist, wenn mir die Handlung eines Films oder eines Buchs erzählt wird; oder, noch schlimmer: Ein Interview rezitiert wird. Mich interessiert das nicht, aber mein Desinteresse interessiert die Leute nicht. (Stichwort: Einfühlsamkeit/Diskretion: So etwas lernt man nicht von der Majorität; die meisten Menschen sind indiskret und nicht einfühlsam)

 

Wenn ich mal erzähle, was mich interessiert oder womit ich mich beschäftige (was ich äußerst selten anderen mitteile), dann höre ich so etwas wie: „Dein Gehirn will ich auch haben. Du interessierst Dich für so vieles!“ Ich nehme an, dass so etwas ein Kompliment sein soll.

 

Es ist tatsächlich so, dass sich viele Menschen, die ich kenne, etwas fragen oder gerne etwas wissen wollen (in dem Moment), aber sie schließen diese Wissenslücke nicht, recherchieren nicht. Banales Beispiel: Ich habe mindestens 10 Mal auf der Arbeit von ein und derselben Person die Frage gehört: „Ist Christi Himmelfahrt in unserem Bundesland auch ein Feiertag?“ (Übrigens: Ja, Christi Himmelfahrt ist auch in NDS ein Feiertag)

 

Ich frage mich, warum sie selbst nicht die Antwort herausfinden.

 

Ich wurde auch mehrfach von ein und derselben Person gefragt, ob ein Siebenschläfer unter Naturschutz steht. Die fragende Person hat sich nicht die Mühe gemacht, das selbst herauszufinden. (Übrigens: Ja, ein Siebenschläfer steht unter Naturschutz)

 

Bei mir ist das ganz anders: Ich will meine Fragen selbst beantworten. Habe ich eine Frage zum Thema Arbeitsrecht, gehe ich in die Bücherei oder ins Internet und recherchiere; habe ich eine Frage zu einem Vogeltyp, suche ich diesen Vogel. Habe ich ein Problem, will ich die Lösung finden. Wenn andere Menschen also irgendetwas fragen, warum finden sie die Antwort nicht selbst heraus? Warum machen sie sich nicht die Mühe? Was ist denn, wenn es ihnen seelisch schlecht geht und sie sich fragen, warum das so ist – machen sie sich dann auch nicht die Mühe, darüber nachzudenken oder die Antwort herauszufinden?

 

Ziele/Vorstellungen/Veränderungen: Ständig begegne ich Leuten, die etwas in ihrem Leben verändern wollen, die nicht zufrieden mit dem Jetzt-Zustand sind. Die absolute Spitze dessen, was ich schildern möchte, hat mir mal eine Bekannte vor Jahren präsentiert, mit der ich ein Gespräch führte. Sie bat mich darum, ihr zu helfen, denn ich würde mich ja auskennen mit Therapie und dergleichen. Ich setzte mich also in ihre Wohnung und sie schilderte mir das, was ich eh schon wusste: Chaos, Depression, Suizidgedanken etc. Ich habe ihr dann mehrere Möglichkeiten aufgezeigt, aber jede Anmerkung meinerseits (Betonung: JEDE!) wurde mit einem Gegenargument abgehakt. Egal was ich sagte – sie fand für alles eine Ausrede, eine Verneinung – warum es nicht gehen könne.

 

So etwas erlebe ich abgeschwächt bei vielen Menschen. Sie fragen mich, wie ich das machen würde, ich äußere mich dazu und sie finden immer Gegenargumente. Kleiner Einschub: Nur damit das klar ist – mir ist das grundsätzlich gleichgültig, was ihr macht, denn das ist nicht mein Leben.

Oder sie erzählen, wie schrecklich ihre Arbeit ist, wie schrecklich ihre Beziehung ist, wie schrecklich ihre Bekannten sind, wie schrecklich sie aussehen, wie schrecklich sie sich fühlen … aber sie verändern gar nichts, nichts. Manche Situationen sind nicht von jetzt auf gleich änderbar; manche Konflikte müssen bedacht werden, die Konsequenzen müssen abgewogen werden; manchmal geht es um Arrangements und nicht um den großen Trennungsschritt – aber die meisten Menschen, die ich so reden höre, machen nicht einmal den Versuch, etwas zu ändern.

Und darum geht’s mir: Der Versuch. Yoda sagt: „Do or do not. There is no try!” Aber Yoda hat gut reden, der hat ja auch seine Superkräfte. Es gibt Entscheidungen, die sind nicht plötzlich zu machen oder umzusetzen, da bedarf es mehrerer Versuche, mehrerer Überlegungen. Und grundsätzlich beißt sich das Zitat auch selbst in den Schwanz, denn sobald ich es versuche, mache ich ja etwas oder mache ich etwas anderes.

 

Ich hab’s mal so verglichen: Wenn jemand von mehreren Drogen abhängig ist, wäre es fahrlässig, alle Drogen auf einmal abzusetzen. Es beginnt mit der ersten Droge und wenn diese ausgeschlichen ist, geht es an die nächste Droge. Alles auf einmal ist grausam.

 

Bezüglich „Ziele“ erlebe ich es öfter, dass es um Geld geht. Ja, Geld ist überlebenswichtig; Geld zu haben ist äußerst angenehm; Geld erleichtert das Leben immens. Aber bezüglich dessen, was ich beruflich machen will, ist es nicht das non plus ultra. Ich höre öfter so etwas: „Dann verdienst Du richtig Geld.“ Anscheinend ist das, was ich dazu denke, derart andersartig, dass ich immer wieder auf verstörte Menschen treffe, wenn ich ihnen das sage: Nein! Tatsächlich habe ich nicht studiert, um das große Geld zu machen. Nein! Tatsächlich steht für mich im Vordergrund, meinen Job zu mögen.

Interessant ist in diesem Kontext auch die Frage an Menschen: „Was möchtest Du denn einmal werden?“

Diese Frage ist für mich vollkommen unlogisch. Wieso „werden“? Bin ich noch nicht? Ich habe eine neue, passende Erwiderung darauf gefunden: „Ich werde nicht, ich bin schon.“

Eine ähnliche Äußerung habe ich mal von jemandem gehört: „Du machst Dich.“ Du machst Dich? Hä? Wie, ich mache mich? Bin ich noch nicht gemacht? Ich entwickle mich vielleicht, aber ich mache mich? Wirklich sonderbar, welche Wörter für was gebraucht werden. Es ist mir auch egal, was ihr eigentlich damit meint – sagt es oder sagt es nicht, es gibt kein meinen!

 

Freunde: In der Vergangenheit hatte ich mal so etwas, was ich „Freunde“ nennen würde, aber als ich herausgefunden habe, dass Freundschaft nur mit gegenseitiger Skriptbestätigung und Maschengefühl (siehe Transaktionsanalyse/Abk. TA) einhergeht, habe ich das abgehakt. Diese Erkenntnis-Tür der TA hat sich für mich geöffnet und somit ist die Tür zu solcher (bewussten!) Zelebrierung von Maschengefühlen zu. Das hat seinen Preis: Diese Freundschaften habe ich beendet. Ich sehe auch nicht, dass ich in naher Zukunft Freundschaften brauche oder will. Gemeinsame Spezialinteressen – das könnte eine Grundlage für Freundschaften in der Zukunft sein, mehr sehe ich dort jetzt nicht.

 

Aber Menschen, die keine Freunde haben, wirken sonderbar. Einzelgänger wirken sonderbar. Es entspricht der Norm (heißt: Ist normal), dass Menschen Freunde haben oder Freunde wollen. Die Frage ist: Warum?

Nietzsche hat die Freundschaft so hoch gepriesen. Aber Nietzsche hatte keine Freunde – und die Freunde, die er irgendwann in seinem Leben mal glaubte zu haben, hat er verworfen – ich denke, Nietzsche wäre weiter gekommen, wenn er sich gefragt hätte, weshalb er überhaupt Freunde haben will. Aber vielleicht hat er darüber nachgedacht und es nicht aufgeschrieben. Und dann stellt sich auch noch die Frage: Wenn jemand ständig „falsche Freunde“ hat, warum sucht er sich die dann aus? Das muss einen Grund haben.

Oder wie Hercule Poirot sagen würde: „Es gibt immer ein Motiv! Und wenn es die Polizei nicht herausgefunden hat, dann ist es … wie sagt man? … unorthodox!“

 

Manchmal sagt man mir aber, ich sei ein „Freund“.

„Wir sind doch Freunde.“

„So etwas machen Freunde doch füreinander.“

Also ich bin momentan niemandes Freund und das ist auch gut so. Mit wem auch immer diese Menschen befreundet sind, mit mir nicht. Und ich sage es auch deutlich: „Das, was Du an Sozialem willst, das kann ich Dir nicht bieten!“ Warum  „kann ich nicht“? Weil ich die meiste Zeit des Tages alleine sein muss, um mich aufzuladen, andernfalls gehe ich kaputt.

 

Und wenn ich gefragt würde: „Was unterscheidet Dich von anderen?“,

würde ich wohl sagen: „Sieht wohl so aus, dass ich die Welt anders wahrnehme.

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